In der Paulskirche werden immer wieder Reden gehalten, die die nationalsozialistischen Verbrechen verurteilen. Sie nehmen allerdings nicht unbedingt eine Auseinandersetzung mit der Schoa vor. Erst allmählich rücken in den Gedenkveranstaltungen die Opfer der Vernichtungspolitik in den Blick. Diese Änderung der Perspektive wird insbesondere von jüdischen Überlebende angestoßen. Der Hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer etwa initiiert die Ausstellung „Auschwitz – Bilder und Dokumente“ (1964), die ebenso wie die Ausstellung „Warschauer Ghetto“ (1963) parallel zum Auschwitz-Prozess in der Paulskirche den Massenmord thematisiert. Martin Buber (1953), Nelly Sachs (1965) und Saul Friedländer (2007) bahnen in ihren Reden anlässlich der Verleihung des Friedenspreises einer Erinnerungskultur den Weg, in deren Zentrum die Schoa sowie die Aufklärung über die Verantwortung und die Täterschaft stehen. In Teilen geht diese Perspektivveränderung auch mit Konflikten einher. Insbesondere die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944“ (1997) und die Preisrede von Martin Walser (1998) sorgen für Aufruhr. In seiner Kritik an Walser führt der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Ignatz Bubis aus, dass das Gedenken an die Opfer der Schoa weiterhin die Grundlage von Demokratie im wiedervereinigten Deutschland bilden müsse.
Blick zum Dach der Paulskirche (Foto: Wilhelm Schultze)

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