Der Wiederaufbau der Paulskirche im Jahr 1948 symbolisiert auch den Versuch, im postnationalsozialistischen Deutschland eine politische Einigung und demokratische Selbstbestimmung durchzusetzen. Auch nationalkonservative Politiker begrüßen diesen Versuch, denn in der Paulskirche hatte sich 100 Jahre zuvor die deutsche Nationalbewegung formiert und die Idee eines geeinten, völkischen Deutschlands formuliert. Sie versuchen immer wieder, diesen Aspekt der deutschen Geschichte in den Gedenkveranstaltungen und Ausstellungen vor Ort zu stärken und in der bundesdeutschen Erinnerungskultur eine Perspektivverschiebung durchzusetzen, die der deutschen Opfer beider Weltkriege gilt. Am deutlichsten zeigt sich diese Täter-Opfer-Umkehr in der Rede von Martin Walser zur Verleihung des Friedenspreises 1998, in der er die die deutsche Erinnerungskultur als Hindernis für ein positives deutsches Selbstverständnis kritisiert. Im Zuge der Proteste gegen die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944“ in der Paulskirche 1997 gründet sich die „Arbeitsgemeinschaft Paulskirche“, in der sich Studierende, Soldaten und namhafte Vertreter der Neuen Rechten organisieren.
Protestaktion gegen Ernst Jünger vor der Paulskirche 1982 (Foto: Helmut Fricke)
Weiterführende Reden
1982: Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main
Ernst Jünger: „Die Hoffnung führt weiter als die Furcht“
(28. August 1982)
1997: Ausstellung „Vernichtungskrieg – Vebrechen der Wehrmacht 1941-1944"
Jan Philipp Reemtsma: „Eröffnungsrede“
(13. April 1997)
1998: Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
Martin Walser: „Erfahrungen beim Verfassen einer Sonntagsrede“
(11. Oktober 1998)